Spottlied über den Schultheißen von Kürnbach
Der Text von unbekannten Autor spottet über den Kürnbacher1 Schultheißen2, der aus Angst vor dem Feind mangels eines Pferdes zu Fuß über Sternenfels3 nach Güglingen4 floh und schließlich nach Kürnbach zurückkehrte.
Als Melodie wird angegeben: „Ein Lied Im Chör wie man daß Soldaten Lied singt.“ Offenbar existierten verschiedene Versionen, von denen eine auf 1629 datiert ist.
Ohne Ort, 17. Jahrhundert (Druck)
1.
Nun höret mir ein Wenig zu.
Fürwahr ich hab iezt gar kein Ruh,
Vnnd Euch waß melden thue, Wie
Vnser Gnädiger fürst und Herr,
Sein Außschuß führet hin und
Her, mit Gschiiez unnd gutter Wehr.
2.
Da führt man unß Zu Tag und
nacht, Auf rundung [Patrouille] und auf gute
Wacht, Im Fleckhen Zu Kürnbach.
Drin unß ein Ersam Gricht und
Rath, den Burgern einlosieret
Hat, nach beuelch der amptstatt.
3.
Soldaten die seind Ehren-
werth, der Schuldtheiß Zu Kürn
bach hat kein Pferdt. Drumb
laufft er Zfueß hinweg, er
hat geführet ein stolzen mueth,
Iezt hat er ein Verzagtes blud,
daß unnß erbarmen thuet.
4.
Alß man zeucht auf dem
Musterplatz, hat er ein herz gleich
alß ein Spaz, fragt weder Ge
richt noch Rath, handlet allein nach
seim Verstandt, Ohn ein Pferd reist
er nauß von handt, daß ist ihm
schier ein schandt.
5.
Gen Sternenfelß gewichen
ist, dannoch er da nicht ruhig ist,
Er braucht da seine List, dann er stieg
auf ein Aichen baum, unnd Schauet
gar weit rumb unnd numb Lugt
Daß der feindt nicht komm.
6.
Er stieg bald herab Reist weitter
auß, Er Sprach ach Gott wo
soll ich nauß, daß thet ihm nun
Die grauß, Vor angst siecht er
Weiß wie ein Daub und Zietert
alß ein Eßpenß Laub, Er
förcht der Reitter Raub.
7.
Gen Gueglingen er auch
baldt kam, Jederman eß da wunder
Nam, daß er sich doch nicht Schampt,
Sein Haußgsindt er Verlaßen
hat, die Underthanen Gericht und
Rath, dem Spott zum Schaden
hat.
8.
Alß nun der Lermen hat ver
rauscht, unnd ihm vergangen war
der grauß, Kam er wider
Zue Hauß, fieng bitterlich Zue
Weinen an, Alß er bedacht den
Spott Unnd Hohn, denn er Ver-
dient Zue Lohn.
9.
Viellieber ich vom feindt
stierb mit vleiß, Erlangt ich
doch ein Ruhm und Preiß
dan daß ich fihrt solch Verzagte
Weiß, Aber der Schuldtheiß
hats nicht bedacht, Sondern
mit großer Schandt und Schmach
sich Eilendt darvon gemacht.
Quelle | Drechsler, Heike: Kürnbach. Einst Marktflecken zweier Staaten. Heidelberg u.a. 2005, S. 61 und S. 420, Anm. 60 (nach Generallandesarchiv Karlsruhe 229/57065). |
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu. |