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Ingenieur Löscher an Herzog von Württemberg 1624

Ingenieur Wolf Friedrich Löscher1 erstattet Herzog Johann Friedrich von Württemberg2 Bericht über die Baumaßnahmen zur Fortführung des Landgrabens vom Ende des bisherigen Landgrabens in Richtung auf den Fluss Nagold. Dabei schildert er, dass in den Gemeinden Monakam3 und Unterhaugstett4 deren Wasserversorgung durch die Baumaßnahmen in Mitleidenschaft gezogen würde. Löscher berichtet vom Verlauf der Grabungen und von Verzögerungen beim Arbeitstempo infolge von Frondiensten und dem Fehlen von für die Schanzarbeiten geeignetem Werkzeug. Er bittet um finanzielle Unterstützung zur weiteren Umsetzung der Bauarbeiten.

[o. O.], 1./11. Oktober 1624 (Ausfertigung)

Durchleuchtiger Hochgeborner etcetera,
gnediger Fürst unnd Herr. Euer Fürstliche Gnaden
werden sich noch gnedig zu entsinnen haben, das
auß eingenommenen Augenschein dieselben neben
Capitein5 Gülttlinger unlangsten ich berichtet,
das vom Endt des altten Landtgrabens an bis
an die Zellamer6 Staig  – ohne was mit Holtz
verfellt werden müeßen – 819 Ruoten7 zu
graben weren. Unnd ob ich auch gleich-
wohlen die Linien nach dortthin füehren wollen,
so haben doch beede Fleckhen8, Munakham und
Haugstett, weilen solcher Grab zunechst an ihrem
im Veldt lügenden Brunnen (den sie mit ihrem Vich
gebrauchen unnd nit umb 2.000 [Gulden] manglen9 wollten
unnd dahero Schaden nemmen möchten) hingienge,
zum allerhöchsten beschwerdt. Darauff
ich dann die Gelegenhait dises Ortz fernner
erkundiget unnd die Linien zu Nutzen Euer Fürstliche Gnaden
allso unnd dahin gerichtet, das der new gemachte
Landtgrab nit der Zellamar Staig, sondern gleich
vom Ößgraben an (der Euer Fürstliche Gnaden unnd
Gemmingen10 schaidet) der Mombach gleichwol
nit den Stainen nach (alls die ein Krömme unnd
mehrern Schaden durch die Wüßen auch Landtgrabens
verursachen), sondern der geraden Schlüchten nach gemacht
werden sollen. Sinttemahlen von vorgedachtem
altten bis zu Endt solchergestaltten vorhabenden
newen Landtgrabens allein 571 (darunder heütten
175 Ruoten außgemacht), das allso auff
disen Weeg nit allein 250 Ruoten – ohne was
mit Holtz verfellt worden were – ersparth, sondern auch
Munakam mit eingeschlossen würde.

Vom Endt solchen newen Landtgrabens kans vortthin
bis an die zerrüssene Mombach (da es ohne daz an vilen
Ortten weder Grabens noch Holtz umb Hawens mehr be-
darff) leüchtlich unnd ohne sondern Schaden Euer Fürstlichen Gnaden
mit Holtz verfellt werden.

Sonsten soll Euer Fürstliche Gnaden ich auch in Underthenigkeit unbe-
richtet nit laßen, das ich mit disem Werckh, geliebts
Gott unnd bei solchem gutem Wetter, inner 14 Tagen
ferttig unnd nit mehr dann auf die 2.000 [Gulden] – welche Zaiger dis11
Schultheis zu Haimbßen12 erheben und verrechnen kündte –
vonnötten zu sein erachtte unnd bis anhero, weill es
guet graben, von der Ruoten 2 [Gulden] bezalth
benebens den Wasenstechern von 1.000 Wasen13,
darmit der Wahl aufgesetzt,
gegeben würdt 7 [Batzen].

Dessen von Durlach14 auß alhero gelüfferten Schantzzeügs15
(darumben Euer Fürstliche Gnaden beilügende Designation16)
ist gar wenig unnd kan nit wol mehr dann mit
200 Mann gearbaittet werden. Dann die Underthonen
und Bauren solch Geschürr an Schauffel unnd Bückhel
mitbringen, die hiehero gantz nit taugenlich, unnd
weil man alle 2 Tag newe Leüth haben unnd daz
Werckh einem jeden gleichsam zaigen unnd
weißen mueß, braucht es desto mehr Zeit
und größere Müehe. Dahero ich auch vonn
Werkh selbsten nit kommen kan, will anderster
ein bestendiges Wesen ervolgen.17

Welcher Gestaltten die genachbartte Ämbter auf
mein Zusamenberueffen diser Tagen zu Calw18
der Proportion19 nach sich miteinander verglichen,
das haben Euer Fürstliche Gnaden auß diser Beilag auch
gnedig zu vernemmen.

So ales Euer Fürstliche Gnaden ich in Underthenigkeit berichten
unnd deroselben zu beharrlichen20 Gnaden mich in
Underthenigkeit bevehlen wollen. Datum
den ersten Octobris anno 1624.

Euer Fürstliche Gnaden
underthenig gehor-
samer Diener
Wolff Friderich Löscher


1 Löscher, Wolf Friedrich, württembergischer Ingenieur, 1627–1634 Kapitän/Hauptmann auf der Festung Hohentwiel, später Obervogt in badischen Diensten (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 2453).

2 Württemberg, Johann Friedrich Herzog von <https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Friedrich_(W%C3%BCrttemberg)> (11.03.2023).

3 Monakam, Stadt Bad Liebenzell CW.

4 Unterhaugstett, Stadt Bad Liebenzell CW.

5 Hauptmann.

6 Stadt Bad Liebenzell CW.

7 Bedeutung: „Ruoten (auch: Rüethen)“ = Längenmaß: 1 württ. Rute = 4,584 Meter.

8 Ortschaften.

9 Bedeutung: „nit umb 2.000 [Gulden] manglen“ = nicht für 2.000 [Gulden] hergeben/abtreten.

10 Gebiet der Freiherren von Gemmingen südöstlich Pforzheims.

11 Bedeutung: „Zaiger dis“  = Vorzeiger/Vorweiser dieses [Schreibens].

12 Stadt Heimsheim PF.

13 Bedeutung: „Wasen“ = ‚Rasen, Feuchtwiese‘, grasbewachsene Erdscholle.

14 Durlach, Stadt Karlsruhe KA.

15 Geräte für Schanzarbeiten (Spaten etc.).

16 Bezeichnung, Bestimmung.

17 Bedeutung: „Dahero ich auch vonn Werkh selbsten nit kommen kan, will anderster ein bestendiges Wesen ervolgen.“ = Aus diesen Gründen kann ich, die Arbeit liegen lassend, nicht selbst anreisen, soll hier ein beständiges Vorankommen gewährleistet sein.

18 Stadt Calw CW.

19 Aufteilung; hier: Belastung.

20 Bedeutung: „beharrlich“ = unverrückbar, beständig.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 248 Bü 2545
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.