Gemeinde Knittlingen an Herzog von Württemberg 1655
Die Vertreter der Gemeinde Knittlingen1 bitten Herzog Eberhard III. von Württemberg2 erneut um finanzielle Hilfe zum Abschluss der Wiederaufbaumaßnahmen an Kirche, Rat- und Schulhaus. Nachdem die überwiesenen Mittel durch Besteuerung einiger württembergischer Ämter dafür nicht ausreichen, ersuchen sie den Herzog um Besteuerung weiterer Amtsbezirke. In diesem Zusammenhang wird nochmals betont, wie hart es Knittlingen getroffen habe, und dass die verheerenden Verwüstungen, unter denen die Stadt zu leiden hat, landesweit bekannt seien.
Knittlingen, 20./30. November 1655 (Ausfertigung)
Durchleichtigr hogebohrner gnediger Fürst und
Herr.
Wie erbärmlich der Orth Knittlingen durch Brandt
und Krieg zugerichtet worden, ist laider mehr
denn offenbahr. Haben unß aber darbey underthönig
zu bedanckhen, daß Euer Fürstliche Gnaden unß
in vil Weg Gnad erzaigt und mit Beysteüwer3
und andern Schuldennachlaß riehmlich Hilf thun
laßen. Aldieweillen unß aber noch bey denn schwehrn
Landtsanlagen4 nit sovil Mittel in Weg kommen,
daß wir unsere Kirch, Schuohl und Rathhauß in
völligen Bauw richten kennen, maßen der Kirch-
thurn ohnaufgerichtet, die Glockhen ermanglen,
auch an Schuol und Rathauß noch nichts reparirt
worden. Alß haben wir nochmahlen
bey Euer fürstlichen Gnaden underthönig einkommen und
ohne weitter Umbstendt, weillen unser Status
landtkindig5, höchst flehenlich bitten wollen, zu
vollentz Auferbauwung unsers Kirchenduhrns6
etliche wohlstehende Ämbter, ußer deren, die unß
hievor schon assignirt7 in Gnaden, zu Beysteüwer
anzuweißen.
Die hohe erweißene Gnad wirdt der liebe Gott reichlich
belohnen und wür habens in Underthönigkeit zu erkennen
und mit unsern getreüwen gehorsamen Diensten zu ver-
schulden. Datum Knittlingen, denn 20. Novembris anno 1655.
Euer Fürstliche Gnaden
underthönig gehorsamme
Underthannen
Schuldtheiß8, Burgermaister,
Gericht und Rath in Nahmen
einer gantzen verbrandten Burger-
schafft aldo.
1 Stadt Knittlingen PF.
2 Württemberg, Eberhard III. Herzog von; <https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_III._(W%C3%BCrttemberg,_Herzog)> (01.03.2023).
3 Bedeutung „Beysteüwer“ = zusätzliche Steuergelder, Beihilfe-Steuer(n).
4 Bedeutung: „bey denn schwehrn Landtsanlagen“ = trotz der schwerwiegenden landessteuerlichen Abgaben.
5 Bedeutung: „landtkindig“ = landesweit bekannt.
6 Bedeutung: „Kirchenduhrn“ = Kirchturm.
7 Bedeutung: „assignirt“ = zugeteilt, angewiesen, zugemessen.
8 Als Schultheiß fungierte in Knittlingen von spätestens 1637 bis 1660: Hundbiß, Hans Wilhelm, auch Postmeister (Kreisarchiv des Enzkreises, Ortsvorsteherdatei).
Quelle | Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 206 Bü 3633 |
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu. |