Amt Neuenbürg an Herzog von Württemberg 1630
Obervogt und Untervogt zu Neuenbürg1, Jost Faber2 und Johann Friedrich Mumprecht3, erstatten Herzog Ludwig Friedrich von Württemberg4 Bericht von der Ausführung dessen Befehls zu den Religionsverhältnissen in Dobel („uf dem Tobel“)5. Der lutherische Geistliche solle sein Amt weiter ausüben. Sollte aber ein Messpriester des rekatholisierten Klosters Herrenalb6 vorhaben, einen katholischen Gottesdienst in Dobel abzuhalten, sei dies unter Strafandrohung zu verbieten und der Messpriester, falls er sich davon nicht abschrecken ließe, aus der Stadt zu weisen. Dem Schultheiß sei ebenfalls unter Strafandrohung verboten worden, weitere Handlungen (Begräbnisse) auf dem Friedhof zuzulassen. Weiterhin sei dem Herrenalber Abt persönlich für den Fall künftiger Beschneidungen der Ansprüche und Rechte Württembergs in der Gemeinde Dobel und ihren Filialorten mit Strafmaßnahmen gedroht worden.
Neuenbürg, 3./13. Oktober 1630 (Abschrift)
Gnediger Fürst und Herr, Euer fürstliche Gnaden. Sub dato7
den 28. Septembris jüngsthin an uns abgangen fürstlicher Gnaden
Bevelch haben wier freytagabents, den 1. dieses, mit
underthäniger Reverenz empfangen. Zugleich selbigen
nach genomener Abschrifft dem Speciali zu Wildt-
badt8 in Originali überschickt. Auch dem Pfarrer uf
dem Tobel , das er sein Predigambt und was
dem Exercitio Religionis9 anhange, wie bißhero zu
versehen, gnädig anbevohlner Maßen Andeuttung
gethan. Es ist auch verordtnet worden, da uf widri-
gen Fall ein Meßpriester seinen vermeindten
Gottesdienst in derselben Kirchen oder uf dem Kirch-
hoff zu verrichten sich understehen würdte, ihme sol-
ches nicht zu gestatten, sondern erstlich mit Glümpf
abzuweißen. Und da auch diß ohnverfänglich, sel-
bige durch etliche Persohnen zu dem Fleckhen hi-
naußführen zu laßen. Nichtweniger den Schulthei-
sen allda wegen des uf dem Kirchhoff daselbsten
fürgegangenen Actus10 und das solcher von ihme
ohngeandet verstattet worden, einen ernstlichen
Verweiß gegeben, mit dem Anzaigen, da er ins-
künfftig mehr dergleichen fürgehen laßen, werde
mann mit ernstlicher Straff und anderm Einsehen
gegen ihn verfahren. Hierauf hab ich mich, der Un-
dervogt, Sambstag, den 2. diß11, auf Gnaden Anbevehlen
zu dem vermeinten catholischen Abt naher Herren-
alb verfügt und ihme rundt auch außführlich zu er-
khennen geben, was Euer fürstliche Gnaden für Jura12 uf
dem Tobel haben und das deroselben die Landtßfürst-
liche Obrigkheit einig und allein ohnwidersprechlich
zuständig. Derowegen ihme, dem Abt, nullo modo13 ge-
bühre, mit der Pfarr oder Religion der Enden einige
Änderung vorzunemen oder Euer fürstliche Gnaden an dero
ohnstrittigen Rechten Eingriff zu thuen. Also nicht Ur-
sach geben wolle, durch gebührende Mittel solche zu manu-
tenirn14. Darauf ernander Abt sich khürzlich, zwar
etwas alterirts[?] resolvirt15, es haben die kayßerliche Commissarii16
und er nicht bey der herrnalbischen Occupation17 dem
Pfarrer zu Dobel sich der Enden der Kirchen zu be-
müeßigen und selbige neben dem Pfarrhauß inner-
halb 4 Wochen zu rohmen uferlegt. Welcher Pfarrer
diesem zu parirn in seiner Praesenz anglobenlich18 ver-
sprochen. Dannenhero er den Commissariis hierinen,
wie billich, pariren müße. Seye auch ein geringes,
das er zu besagtem Tobel einen von Rathensoll19
begraben laßen. Inmaßen er dann deßen befugt
und hab er als des Closters Herrenalb rechtmäßi-
ger Innhaber und Abt das jus patronatus20 uf dem
Tobel unwidersprechlich. Worauf ich dann replicirt,
priora repetirt und das er minimè dieses beybringen.
Villmehr aber das löblig Hauß Württemberg, das
contrarium fundamentaliter dociren21 khöndte. Seye zwar
nicht ohn, das bey der ohnversehener Occupation des
Closters Herrenalb der besagte Pfarrer zu Dobel
vorgefordert, ihme auch beeder des Dobels Filialen, als
Rottensohl und Neusaz22 zu bemüßigen durch die kayserlichen
Commissarien anbevohlen seye, aber in speci23e sich der
Pfarr uf dem Dobel zu enteußern nicht befelcht
worden. Wie dann er Pfarrer damals alßbalten
uf Ihr fürstliche Gnaden Jura getrungen, deren er sich
dann beholfen. Darbey es dann die kayßerlichen Herrn Com-
missarii bewenden laßen, mit Vermelten, ob er solches
inskhünfftig behaubten, deßwegen der Pfarrer des
Anglobens24, wie beweißlich, nicht geständig. Er auch
für sich selbsten Ihr fürstliche Gnaden, dem Herzogen
zu Württemberg etcetera, nichts zu begeben hette. Wie nun
ermelter Abt hirauf etwas gestuzt, als hat er das
Euer fürstliche Gnaden die vornembste Documenta25, die zu
seiner Probation26 dienten, von dannen beyzeiten ab-
führen, sich beneben verlautten laßen, mann werde
solche in den nechsten 8 Tagen wider auß kayßerlichen Be-
velch dahin liffern müßen. Endtzwischen aber
müße er dieses an seinen Orth berichten und Beschaidts
gewärtig sein. Darbey es dann beruhet. Weiln dann
meine gnädigst aufgetragene Commission27 sich nicht wei-
ter ersträckht, als hab ich mich28, ohngeacht ich zu dem
Eßen erbetten worden, auß dem Closter in das
Würthßhauß, nach eingenomenen Imbiß aber wider
naher Hauß begeben. Weßen wier uns nun fer-
ner zu verhalten, erwartten dero gnädige Resolution29
wür ganz underthänig. Euer fürstliche Gnaden darbey etcetera.
Datum Newenbürg, den 3. Octobris 1630.
Euer fürstliche Gnaden
underthänige, gehor-
same und verpflichte
Ober- und Undervogt allda
Jost Faber
Johann Fridrich Mumprecht.
1 Stadt Neuenbürg PF.
2 Faber, Jost, 1622–1628 Obristleutnant, 1628–1633 Obervogt zu Neuenbürg (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 1, Stuttgart 1957, § 1606; Band 2, Stuttgart 1963, § 2654); vgl. auch: <http://www.schwedenlager-bopfingen.de/layout2009/wuerttemberg_offiziere.htm> (28.02.2023).
3 Mumprecht, Johann Friedrich, (Unter-)Vogt zu Neuenbürg 1627–1631 (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 2660).
4 Württemberg, Ludwig Friedrich Herzog von <https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Friedrich_(W%C3%BCrttemberg-M%C3%B6mpelgard)> (28.02.2023)
5 Dobel CW.
6 Stadt Bad Herrenalb CW.
7 Lat. = unter dem Datum; hier: datiert auf …
8 Stadt Bad Wildbad PF.
9 Lat. = Ausüben der Religion.
10 Lat. = Handlung, Tat; hier: Vorfall.
11 Bedeutung: „den 2. diß“ = den 2. Tag dieses Monats (=2./12. Oktober).
12 Lat. = Recht(e); hier: Rechtsansprüche.
13 Lat. = in keiner Weise.
14 Bedeutung: „manutenirn“ = erhalten, handhaben; hier: ausüben.
15 Bedeutung: „sich […] etwas alterirts resolvirt“ = sich […] etwas verärgert entschlossen.
16 Bedeutung: „Commissarrii (später: Commissarien)“ = Beauftragte, Bevollmächtigte, Abgesandte.
17 Bedeutung: „Occupation“ = Besetzung.
18 Bedeutung: „in seiner Praesenz anglobenlich“ = in seiner Gegenwart ehrenwörtlich/verbindlich.
19 Rotensol, Stadt Bad Herrenalb CW.
20 Lat. = Kirchenpatronat, Patronatsrecht; d. i. die Schirmherrschaft eines Landes- oder Grundherrn über eine Kirche, verbunden mit dem Recht des Pfarrsatzes.
21 Bedeutung: „contrarium fundamentaliter dociren“ = grundsätzlich gegenteilig belehren.
22 Neusatz, Stadt Bad Herrenalb CW.
23 Lat. = insbesondere, im Speziellen.
24 Bedeutung: „Angloben“ = Gewährleisten, Geradestehen für, Einhalten von etwas, zu seinem Wort stehen.
25 Lat. = Urkunden, Schriftstücke.
26 Lat. = Billigung, Genehmigung; hier: Ernennung.
27 Lat. = Aufgabe, Auftrag, Zuständigkeit.
28 Bedeutung: „als hab ich mich“ = habe ich mich also.
29 Bedeutung: „Resolution“ = Beschlussfassung, schriftliche Anweisung.
Quelle | Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 66 Bü 20 |
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu. |