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Amt Maulbronn an Herzog von Württemberg 1634

Der Maulbronner (Unter-)Vogt Johann Eberhard Herbst1 und der dortige Klosterverwalter Christoph Munz2 ersuchen Herzog Eberhard III. von Württemberg3 erneut, dem zerstörten Amtsort Knittlingen4 Bauholz zur Wiedererrichtung des abgebrannten Schul- und Diakonatshauses zuzuteilen und liefern zu lassen, und machen den Vorschlag, dieses aus dem Hagenschießwald5 bzw. dem Wildbader Forst6 über die Enz auf Flößen bis nach Mühlacker7 zu transportieren.

[Maulbronn], 6./16. April 1634

Durchleüchtiger hochgeborner etcetera
gnediger Fürst unnd Herr. Uff Euer fürstliche Gnaden über deren vonn
Knittlingen eingebene unnderthönige Supplication8 umb
Bawholtz zue irem Schuel- unnd Diaconathauß ertheilt gnedig
Decretum9, geben deroselben wir zue vernnerem underthönigen
Bericht hiemit gehorsamblich zu vernemmen, das zue angeregtem
Baw mann deß Zimmermans gemachtem Überschlag unnd bei-
ligender Specification10 nach 270 Stämm, darunder Aichin11
zum wenigsten 100 unnd die überige 170 ann thänninem12
Holtz bedürfftig. Da dann die vonn Knittlingen erbiettig,
alles Aichinholtz, benantlichen die ermelte 100 Stämm,
uß iren Waldungen herzuegeben, also das inen weitter nit
dann mit dem Thönninem oder Förgenem13 (deßen sie keines
inn iren Wälden haben) uß deß Closters Gehültz zue helffen
were. So ann unnderschidlichen Orthen inn der Nähin zum Theils
auch das Überig vonn dem abgebrochnen Holtz, sovil sie deßen
nutzlich gebrauchen kenden, wolgesein, oder da es ja ann denn
Haupthöltzern fehlen solte, uß deß Closters Waldt im Hagenschieß
geschehen kendte.

Dieweil aber inn Zuesamenfiehrung dißer 270 Stämm uß
unnderschidlichen Höltzern unnd Wälden uf einen bequemen
Blatz nit allein ein großer Uncosst erfordert würdt, sondern
auch die Zimmerleüth zue Knittlingen unnd dißer Refier14,
die der Arbait vorhin vil unßers Bedunckhens für iren
Verdienst ein große Übermaß fordern, da doch inn ires
gemeinen Fleckhens Seckhel15 einicher Heller oder Pfenning
nit vorhanden, so haben wür neben inen der Sachen vern-
ners nachgesonnen unnd erachtet, wann inen uß dem Wildt-
bader Vorst nur auch die aichine Schwöllen unnd underste
Seülen (dieweil der Baw ettwas niders allein uf ein
Fueßmeürlin gesetzt würdt unnd danenhero vom Regen
unnd Trauff das Thönninholtz bald Schaden nemmen kann,
vonn Aichen sein müeßen) widerfahren ließen, wolten
sie dennselben alda16 im Widtbader Vorst, vonn denn ex
gratia17 bewilligten 7000 Stämm gentzlich ußzuefertigen
unnd hernach neben dem geschnittenen Zeüg uf der Entz biß
nacher Mihlackher zue fiehren verdingen. Dardurch kendte
mann verhoffendtlich allein bei dem Zimmercosten ein
Guldin 50 oder 60 ersparen. Unnd würde sowol Euer fürstliche Gnaden
Closters als des gemeinen Fleckhens Wäldt, welche ohne
das beederseitz schon zimblich erhawen18, verschonet.

Erweißen demnach Euer fürstliche Gnaden inen armen verderbten
Leüthen abermahl ein sondere Gnad, wann sie neben
dem alberaith19 bewilligten Thönnin auch nur ettlich
wenig Stämm vonn aichenem Holtz uß dem Wildt-
bader Vorst gehaben unnd diß Diaconat- unnd Schuel-
hauß alda zue machen verleihen kondten.

Wofern nun euer fürstliche Gnaden inen hierinnen inn Gnaden willfahren
wöllen, bitten wir irenthalb unnderthönig zue Befürde-
rung diß Baws, nit allein ann die Beambte im Wildtbad,
das sie solch Holtz hergeben unnd sonsten beim Verding
Hilff thuen sollen, sondern auch unns zur Nachrichtung
unverlengten20 gnädigen Bevelch zu erthailen, damit das Bawholtz
uff nechstkhommendt new gefelt unnd der Baw ufs ehist21
vollfiehrt werden mechte.

Welches Euer fürstliche Gnaden uf ob angezogen deroselben ergangen unnd
wider hiebei gelegt gnedig Decretum wir gehorsamblich
nit verhaltten wollen. Dero zue bestendigen Gnaden unns
wie allweg gehorsamblich bevehlendt. Datum denn 6ten
Aprilis anno 1634.

Euer fürstliche Gnaden
unnderthönig
gehorsame

Vogt zu Maulbronn
Johann Eberhardt Herbst.

Verwalther daselbsten
Christoff Munz.


1 Herbst, Johann Eberhard, gest. 1635, (Unter-)Vogt zu Maulbronn 1609–1635 (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 2605).

2 Munz, Christoph, 1625–1630 (1634?) Klosterverwalter zu Maulbronn (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 3454; Band 3, S. 433).

3 Württemberg, Eberhard III. Herzog von <https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_III._(W%C3%BCrttemberg,_Herzog)> (03.01.2023).

4  Stadt Knittlingen PF.

5  Waldgebiet südöstlich von Pforzheim PF.

6  Württembergischer Forstbezirk mit Zentrum Stadt Bad Wildbad CW.

7  Stadt Mühlacker PF.

8 Bittgesuch.

9 Aus dem Lateinischen; Bedeutung: Beschluss, Bescheid, Verordnung.

10 Aus dem Lateinischen; Bedeutung: detaillierte Auflistung.

11 Eichen.

12 Aus Tannen(holz) bestehend.

13 Aus Föhren bzw. Kiefern(holz) bestehend.

14 Revier(e), Gebiet(e).

15 Wörtlich: Säckel; Bedeutung: Stadt- bzw. Gemeindekasse.

16 Bedeutung: ebendort.

17 Lat. = aus Gnade; sinngemäß: gnadenhalber, gnädiger Weise.

18 Sinngemäße Bedeutung: abgeholzt.

19 Bedeutung: bereits, schon.

20 Bedeutung: unverzüglichen.

21 Bedeutung: „ufs ehist“ = aufs Schnellste, schnellstmöglich.

Quelle Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 282 Bü 777, Nr. 2
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu.