Amt Maulbronn an Herzog von Württemberg 1634
Der Maulbronner Klosterverwalter Christoph Munz1 bittet Herzog Eberhard III. von Württemberg2 nochmals um Bewilligung von Bauholz für den Wiederaufbau des zerstörten Amtsorts Knittlingen3, weil der Forstmeister zu Wildbad4 solches nicht zuteilen wollte. Angesichts der Bedürftigkeit Knittlingens bittet Munz dabei auch um den Erlass der fälligen Bezahlung.
[Maulbronn], 21./31. Mai 1634 (Ausfertigung)
Durchleüchtiger hochgebohrner etcetera
gnediger Fürst unnd Herr. Euer fürstliche Gnaden haben sich zweiffels-
frey noch gnedig zu entsinnen, das vonn deroselben Baw-
unnd Werckhmeistern Kilian Keeßenbrott5 vor einem Jahr
ungevahr über denn abgebrantten Fleckhen Knittlingen
ein Überschlag, was sie zue Wideruffbawung ihrer
Heüßer unnd Scheüren ann aichinen unnd thenninen6 Baw-
holtz bedürfftig sein werden. Unnd ihnen neben dem, so sie
auß ihren aignen Wälden gehaben kenden, ex gratia7 ußer
deß Closters Waldungen auch dem Wildtbader Vorst8 zue
einer Bawsteür9 herzuegeben sein mechte,
verfertigt unnd bei Euer fürstlichen Gnaden
Canzley ubergeben worden. Ob nun wohl von
Euer fürstliche Gnaden Kürchenrath auß mir baldt daruff gnädigen Bevelch
ertheilt worden, die 2.700 aichin Stämm, wie inn
besagtem Überschlag benambßet, ußer denn Closter-
wälden, jedoch uff gewiße Maß wie inn angezogenem
Bevelch inseriert, herzuegeben. Dannenhero Schuldthaiß
unnd Gericht zue besagtem Knittlingen biß dahero inn
der unnderthönigen Hoffnung gestanden, es werde vonn
deroselben löblichen Renttcammer, deren auß dem
Wildtbader Vorst benambsten 7.175 Stämm Thenninholtz
halber ein gleichförmiger Beschaidt daselbsthin ergangen sein,
darumb sie auch vor dißem inn Unnderthonigkhaitt ge-
betten, das Euer fürstliche Gnaden ihnen theils deroselben Stämm
zue Thilen10 schneiden laßen woltten. So hat jedoch der
jetzige Vorstmeister alda mich unnd denn Schuldtheißen zue
Knittlingen, als wie dißer Tagen alhin geraist unnd ver-
meint, das Schuel- unnd Diaconathauß vonn solchem Holtz
zue fertigen, einem Zimmermann zue verdingen, vonn
keinem anderm Bevelch Wißens haben wöllen, weder bey-
ligende Abschrifft fürstlichen Bevelchs ann seinen Antecessorem11
ergangen, außweißet mit dem Andeitten, das er vonn
gedachten seinen Vorfahrern verstanden, er habe seinen Bericht
hierüber. Unnd darneben sovil Andeüttung gethon, das zue
ettwas Verschonung des Wildtbader Vorsts auch uß dem
Liebenzeller,12 Hurschawer13 unnd Herrenalbischen14 Vorst unnd Höltzern
jeden Orts auch ein Anzahl ann solchen 7.175 Stämm hergeben
werden kenden. Darüber aber noch der Zeitt kein weittere
Resolution15 ervolgt were. Dieweil mann aber mehr ange-
deittenen thenninen Bawholtz sowohl zue deß gemeinen
Fleckhens als der Privatpersohnen Gebäwen16 zum höchsten
bedürffig, darneben aber ußer dem ann denn Vorstmeister
im Wildtbad ergangenem Bevelch ettlichermaßen abzue-
nehmen, das solche Stämm zue Gelltt angeschlagen unnd ohne
Zweiffel die Bezahlung erfordert werden solte, welches
dann ihnen unmüglich unnd es dahin geweichen17 mechte,
das sie ire Gebew einstellen miessen. Als bitten sie
gantz unnderthönig, ihnen solche Stämm vermittelst er-
thailender Bevelch ann gehörige Orth fürderlichst18 wider-
fahren unnd der Bezahlung halber, inn Betrachtung inn dißen
Vörsten ein großer Überfluß ann Bawholtz unnd vil
verderben solle, sie inn Gnaden zu erlaßen, welches Euer fürstliche Gnaden
uff ihr innstendiges Bitten ich unnderthönig berichten
sollen. Dero beneben19 zue Gnaden mich wie allweg gehor-
samblich bevehlendt. Datum denn 21ten Maii anno 1634.
Euer fürstliche Gnaden
unnderthonig
gehorsamer
Clostersverwalther zue
Maulbronn
Christoff Munz.
1 Munz, Christoph, 1625–1630 (1634?) Klosterverwalter zu Maulbronn (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 2, Stuttgart 1963, § 3454; Band 3, S. 433).
2 Eberhard III. Herzog von Württemberg <https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_III._(W%C3%BCrttemberg,_Herzog)>(23.12.2022)
3 Stadt Knittlingen PF.
4 Stadt Bad Wildbad CW.
5 Keßenbrott (auch Kesenbrot, Keesenbroth, Käsenbrott, Keess und Brot u.a.), Kilian, württembergischer Werkmeister 1611–1641 (Pfeilsticker, Walther: Neues Württembergisches Dienerbuch. Band 1, Stuttgart 1957, § 1916; Band 2, Stuttgart 1963, § 2338).
6 Bedeutung: „ann aichinen unnd thenninen“ = an aus Eichen und Tannen bestehendem (Bauholz).
7 Lat. = aus Gnade; Bedeutung: gnadenhalber, gnädiger Weise.
8 Württembergischer Forstbezirk mit Zentrum Stadt Bad Wildbad CW.
9 Bausteuer.
10 Dielenbretter.
11 Aus dem Lateinischen; Bedeutung: Vorgänger.
12 Stadt Bad Liebenzell CW.
13 Hirsau, Stadt Calw CW.
14 Stadt Bad Herrenalb CW.
15 Aus dem Lateinischen; Bedeutung: schriftliche, auf einem entsprechenden Beschluss beruhende Erklärung.
16 Gebäude, Behausungen.
17 Bedeutung: „es dahin geweichen (mechte)“ = es dazu führen (könnte).
18 Bedeutung: „fürderlich“ = Fortgang bewirkend.
19 Bedeutung: im Übrigen.
Quelle | Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 282 Bü 777 |
Die Wiedergabe der Transkription folgt der Originalquelle buchstaben- und zeilengetreu. |